Meyer-Bosse lassen Katze aus dem Sack

Von Jan Boerma / Die Papenburger Meyer Werft, die seit über 30 Jahren zu den führenden Unternehmen im Bau von Kreuzfahrtschiffen gehört, hat die Folgen der Corona-Pandemie deutlich zu spüren bekommen. Seit dem Frühjahr 2020 hat die Werft nur einen neuen Auftrag – ein kleines Kreuzfahrtschiff für den japanischen Konzern NYK – an Land ziehen können. Meyer ist es nach Verhandlungen mit den Reedereien gelungen, den Bau der vor der Pandemie in Auftrag gegeben Schiffe zu strecken, die dann bis 2025 fertiggestellt werden können. Langfristig stehen 14000 Arbeitsplätze in der Region und 24000 in der gesamten Republik auf dem Spiel.

Die bisher getroffenen Maßnahmen (Kurzarbeit, Produktionsstopp im Sommer und im Dezember 2020) und die Zusage der Reedereien, dass Meyer die georderten Neuaufträge bis 2025 strecken kann, reichen nicht aus. Es gibt in den nächsten Jahren 40% weniger Arbeit und es müssen 1,25 Mrd. Euro eingespart werden, so Seniorchef Bernard Meyer. Das geht nach Auffassung der Werft-Bosse ausschließlich über die Streichung von Arbeitsplätzen.

Jan Boerma

Meyer beruft sich auf das mit der IGM beschlossene „Pforzheimer Abkommen“, dass es Unternehmen ermöglicht, bei „schlechten Unternehmenszahlen“ vom vereinbarten Tarif abweichen zu können. Für Meyer heißt das konkret, dass 660 der insgesamt 4500 Stellen gestrichen werden und die verbliebenen Beschäftigten jährlich 220 unbezahlte Stunden Mehrarbeit leisten sollen.

Diese einseitigen Forderungen werden vom Betriebsrat und der IGM rigoros abgelehnt. Nach Meinung des Betriebsratsvorsitzenden Nico Bloem ist Arbeit „satt vorhanden“, kaum ein Beschäftigter arbeitet noch in Kurzarbeit und immer noch sind Tausende Werkvertragsarbeiter auf der Werft, um die nächsten Kreuzfahrtschiffe fertig zu stellen.

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Nachdem die Gespräche zwischen Arbeitgeberverband und Meyer auf der einen Seite und der IGM und dem Betriebsrat auf der anderen Seite zu keinem Ergebnis geführt haben, geht die Werftleitung in die Erpressungsoffensive über und kündigt den Abbau von mehr all 1000 Beschäftigten an, dabei werde es „ ausschließlich betriebsbedingte Kündigungen nach dem Sozialplan geben.“ (Rheiderland Zeitung, 04.06.2021) Meyer spielt mit der Angst der Beschäftigten und hofft, dass diese Druck auf den Betriebsrat und die IGM ausüben, um die Variante nach dem „Pforzheim Abkommen“ möglichst ohne Gegenwehr durchzupeitschen.

Heute fand nach der Videoansprache von Seniorchef Bernard Meyer eine Online-Abstimmung über die beiden Varianten statt. Angeblich sollen sich 1557 Beschäftigte an dieser Befragung beteiligt und 1446 von ihnen (93 Prozent) für die von Meyer favorisierte Variante ausgesprochen haben. „Der Betriebsrat und die Gewerkschaft halten die Umfrage für rechtswidrig; die Arbeitnehmervertretenden waren bei der Abfrage nicht eingebunden. Ihr Vorschlag, die Stammbelegschaft zu erhalten und dafür den Teil auf der Werft zu verringern, bei dem Arbeiten über Werkverträge erledigt werden, spielte bei der Umfrage keine Rolle. Außerdem hätten sich weniger als die Hälfte der insgesamt 4.200 Werft-Beschäftigten an der Umfrage beteiligt, so die Gewerkschaft.“ (ndr.de)

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Der Betriebsrat fordert neben den Erhalt der Stammarbeits- und Ausbildungsplätze und die Reduzierung der Werkverträge einen Stopp des Outsourcings weiterer Abteilungen. Nico Bloem sagte gegenüber der Rheiderland Zeitung: „Wenn die Geschäftsleitung mit dem Kopf durch die Wand will, werden sie unsere Reaktionen zu spüren kriegen. Wir sind bereit.“ (RZ, ebd.)

Den Werftbossen könnte ein heißer Sommer bevorstehen, wenn es der IGM und dem Betriebsrat gelingt, dass die Meyer-Beschäftigten für ihre und die Interessen der gesamten Region auf die Straße gehen und die Arbeit niederlegen.

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