Meyer Werft – Wie geht es weiter?

Die vor der Corona-Pandemie boomende Kreuzfahrtindustrie befindet sich weiter in der Krise. Erste Versuche Kreuzfahrten zu organisieren wurden sofort zurückgefahren, nachdem bekannt wurde, dass Besatzungsmitglieder sich mit dem Virus angesteckt hatten. Außerdem verweigern Länder wie Norwegen, Finnland sowie die baltischen Staaten eine Einreise ohne vorherige 14-tägige Quarantäne. Niemand kann heute sagen, wann mit der Wiederaufnahme der Kreuzfahrten zu rechnen ist.

Diese Krise trifft die Meyer Werft mit voller Wucht. Die Werft hat noch Aufträge bis 2023, nur besteht auch bei den Reedereien aktuell kein Bedarf nach neuen Kreuzfahrtschiffen. Aus diesem Grund ist die Werftleitung in Verhandlung mit den Auftraggebern, um die Aufträge zu strecken und über das Jahr 2023 Arbeit zu haben. Werft-Boss Bernard Meyer hatte angekündigt, dass das aber nur bei einer Reduktion der Belegschaft um 40 Prozent möglich ist. Seit dem 01. Mai 2020 befindet sich die Belegschaft in Kurzarbeit, d.h. die Kolleginnen und Kollegen arbeiten täglich in zwei Schichten nur sechs statt acht Stunden. Außerdem verabredete der Betriebsrat mit der Werftleitung die Betriebsferien auf sechs Wochen zu verlängern. Vom 20. Juli bis zum 31.August wurde die Produktion fast komplett herunterzufahren. Das Gleiche soll auch Ende des Jahres erneut passieren. Im Gegenzug dazu verzichtet die Werft bis zum 31. Dezember auf Kündigungen. „‚Die Stimmung ist nach wie vor angespannt‘, sagte Betriebsratschef Nico Bloem gegenüber NDR 1 Niedersachsen. Bei vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei die Arbeitszeit komplett heruntergefahren – Kurzarbeit Null nennt sich das. Ein Teil der Belegschaft setze für die Maßnahmen ihren Erholungsurlaub. Die Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit sei dennoch positiv zu bewerten, „das ist die Arbeitsplatzsicherung bis zum 31. Dezember“, so Bloem.“ (ndr.de, 20.07.2020)

Außerdem wartet die Belegschaft noch auf das Urlaubsgeld, das erst ausgezahlt wird, wenn das Kreuzfahrtschiff Iona übergeben wird. Diese Übergabe hat sich mehrfach verzögert, weil das Schiff immer noch Mängel hat. Laut NDR gibt es Probleme mit der Maschine. Erst wenn diese Defizite behoben sind und die Probefahrten erfolgreich waren, wird die Reederei die Iona übernehmen.

Am 11. September ist ein Runder Tisch mit dem niedersächsischen Wirtschaftsminister Althusmann geplant, bei dem es um finanzielle Hilfen für Meyer geht. Wenn man bedenkt, dass im nächsten Jahr Bundestagswahlen und im übernächsten Jahr Landtagswahlen stattfinden, kann man davon ausgehen, dass vor allem die niedersächsische CDU alles unternehmen wird, um Meyer finanziell unter die Arme zu greifen, handelt es sich doch um den Wahlkreis von Landtagspräsident Busemann, der seit Gründung der BRD eine feste CDU-Hochburg ist.

Fraglich ist, ob die Landesregierung eine finanzielle Unterstützung für Meyer an bestimmte Bedingungen knüpft, wie z. B. die Rückverlagerung des Firmensitzes von Luxemburg nach Papenburg. Eine solche Forderung werden die Meyer-Bosse entschieden zurückweisen, weil dann auch die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Belegschaft erweitert würden.

Alternative Produkte

Die IG Metall hatte Anfang April gefordert, Meyer müsse neue Produktionsfelder erschließen, um die Arbeitsplätze langfristig zu sichern. Dieser Forderung kann sich die LINKE nur anschließen. Ganz realistisch gesehen wird die Kreuzfahrtindustrie lange brauchen, um auf den Stand von 2019 zurückzukehren. Also müssen Alternativen her.

Ein neues Produktionsfeld könnte die Entwicklung alternativer Schiffsantriebe sein. Bereits die AIDA Nova wurde mit LNG-Antrieb ausgestattet, außerdem forscht Meyer seit Jahren im Verbund mit anderen Konzernen an der Entwicklung von Brennstoffzellen. Die Werft hat das Know-how und verfügt über eine sehr gut qualifizierte Belegschaft, die in der Lage sein wird mit ausreichendem Vorlauf neue Felder zu erschließen. In den USA hat GM bewiesen, dass es möglich ist, neue Produkte schnell auf den Markt zu bringen, wenn der Bedarf da ist, als der Autobauer von der US-Regierung den Auftrag erhielt, innerhalb kürzester Zeit Beatmungsgeräte für Covid-19-Patienten zu bauen.

Andere Möglichkeiten wären der Bau von Munitionssuchbooten, mit denen man in der Nord- und Ostsee versenkte Munition aus dem 2. Weltkrieg bergen könnte oder der Bau von Krankenhausschiffen, die man z. B. vor den afrikanischen Küsten einsetzen könnte. Diese Schiffe müssten aus dem Bundesetat finanziert werden und könnten dazu beitragen, die Arbeitsplätze in Papenburg zu sichern. Bereits in der Vergangenheit hat die Werft mehrfach Fähren für Indonesien gebaut, die mit Hilfe von Bundesmitteln finanziert wurden.

Was tun?

IG Metall und Betriebsrat stehen jetzt in der Verantwortung, ihre Ideen umzusetzen. Dazu wird aber ein knallharter Kampf um jeden Arbeitsplatz nötig sein. Meyer hat jahrzehntelang von der guten Arbeit der Beschäftigten profitiert und ein Vermögen in Höhe von 800 Millionen Euro angehäuft. Das steht jetzt den Beschäftigten zu.

Keine Entlassungen!

Aufteilung der vorhandenen Arbeit auf alle und Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich!

Für einen alternativen Produktionsplan unter der Kontrolle der Beschäftigten!

Lasst die Belegschaft ran, sie kann es besser!

Die Meyer-Bosse sollten jetzt die Geschäftsbücher öffnen und dem Betriebsrat und der IG Metall darlegen, wie es momentan und zukünftig um die Werft bestellt ist.

 Der Firmensitz muss zurück in das Emsland verlagert werden. Es ist nicht einzusehen, dass öffentliche Gelder aus Steuermitteln an eine steuerflüchtige Firma ausbezahlt werden sollen.

Ohne eine Veränderung der Eigentumsverhältnisse und Verfügungsgewalt und eine Demokratisierung der Wirtschaft werden aber alle Bemühungen der Gewerkschaften und der Belegschaft langfristig nicht von Erfolg gekrönt sein. In §2 der IG Metall-Satzung ist als Ziel der Gewerkschaft festgehalten: „Überführung von Schlüsselindustrien und anderen markt- und wirtschaftsbeherrschenden Unternehmungen in Gemeineigentum“. Die Werftindustrie und insbesondere ein Konzern wie Meyer gehört sicher dazu. „Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel können zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art. und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum oder in andere Formen der Gemeinwirtschaft überführt werden“, heißt es im Grundgesetz-Artikel 15. Daher: Meyer Werft vergesellschaften und unter Arbeiterkontrolle stellen!

Jan Boerma

One thought on “Meyer Werft – Wie geht es weiter?

  1. Der Onlineausgabe der Rheiderland-Zeitung von heute kann man folgendes entnehmen: „Das Land wolle der Werft bei den Kosten für die Schiffsüberführungen auf der Ems und Lotsendienste entgegenkommen, sagte Althusmann. Auch solle das Unternehmen wegen seines Standortnachteils 40 Kilometer von der Nordsee entfernt Kompensationen erhalten. Konkrete Summen nannte Althusmann nicht. „

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