Pflegenotstand stoppen – Krankenhäuser bedarfsgerecht finanzieren.

Der Koalitionsvertrag hatte schnelle Maßnahmen gegen den Pflegenotstand versprochen.

Die Abschaffung der Fallpauschalen (DRGs) zugunsten einer kostendeckenden, bedarfsgerechten Finanzierung steht nicht auf der Agenda. Die wesentlichen Ursachen des Pflegenotstandes und die Kommerzialisierung von Gesundheitsversorgung bleiben damit unangetastet. Der Koalitionsvertrag hatte versprochen: „Kurzfristig sorgen wir für eine bedarfsgerechte auskömmliche Finanzierung für die Pädiatrie, Notfallversorgung und Geburtshilfe.“ Noch Anfang Oktober hatte Lauterbach angekündigt, die DRGs in der Pädiatrie auszusetzen – zu Recht, weil die Versorgung nicht mehr sachgerecht gewährleistet werden konnte. Im Regierungsentwurf ist davon nicht viel geblieben: lediglich ein viel zu geringer Aufschlag von 300 Mio Euro. Viele Krankenhäuser haben Geburtsstationen geschlossen, auch hier hatte Lauterbach Abhilfe versprochen. Die jetzt vorgesehenen Zuzahlungen könnten weniger als 10 Prozent der Geburtsstationen beantragen.

Erste Meldungen aus der Regierungskommission lassen erwarten, dass nicht der Personalnotstand behoben, sondern die Zahl der Patient*innen reduziert werden soll – indem sie zuhause schlafen sollen. Die Patient*innen sollen nach der Behandlung die Nacht zu Hause verbringen. Es steigt die Gefahr von vorzeitigen, sog. „blutigen“ Entlassungen. Es ist auch nicht geholfen, wenn Kosten für häusliche Betreuung auf andere Kostenträger (geplant: SGB V) verschoben werden.

Keine gesetzliche Personalbemessung: Der Koalitionsvertrag hatte versprochen, „schnell und spürbar die Arbeitsbedingungen [zu] verbessern“, indem „kurzfristig“ die sogenannte Pflegepersonalregelung 2.0 (PPR 2.0) eingeführt wird. Ein Jahr später liegt ein Gesetzentwurf vor, der nur als politische Sabotage einer ernsthaften Personalbemessung bezeichnet werden kann: Die „kurzfristig“ angekündigte Einführung wird auf den 01.01.2024 verschoben. Die PPR 2.0 wird nicht verbindlich eingeführt. Im Gegenteil: Im Gesetzestext taucht die PPR 2.0 bisher nicht auf. Alle inhaltlichen Regelungen und Personalvorgaben sind ausgeklammert. Sie können per Verordnung vom Gesundheitsministerium erlassen werden.

Ermächtigung des Finanzministeriums – Sparzwang sitzt mit am Tisch: Die Festsetzung der Personalschlüssel muss „im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen“ erfolgen. Das ist ein Bruch mit jeder fachlichen Bedarfsplanung! Christian Lindner sitzt bei der Entscheidung darüber, wie viele Patient*innen eine Pflegekraft versorgen sollen, mit am Tisch. Einen derartigen Eingriff aus dem Finanzministerium in die Aufgaben und Ausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung hat es bisher nicht gegeben. Entsprechend deutlich fällt auch die Kritik von ver.di, der Deutschen Krankenhausgesellschaft und dem Deutschen Pflegerat aus, die die PPR 2.0 entwickelt haben: „Der Gesetzentwurf … wird in seiner jetzigen Fassung die Arbeitsbedingungen in der Krankenhauspflege nicht verbessern. Er führt die Prinzipien einer sachgerechten Personalbemessung ad absurdum und kehrt sein Ziel um.“So kann weder der Pflegenotstand bekämpft, noch können die Krankenhäuser bedarfsgerecht ausgestattet werden. Es nützt nichts, einzelne kleine Korrekturen vorzunehmen, die Krankenhausversorgung muss nach grundlegend anderen Gesichtspunkten organisiert werden: Krankenhäuser müssen von Konkurrenz und Kostendruck befreit und aufs Gemeinwohl verpflichtet werden. Die Arbeitsbedingungen müssen schnell spürbar verbessert werden.

LINKE Alternativen zu Lauterbachs Krankenhausreform:

 Pflegenotstand beenden – Fachkräfte zurückgewinnen. Es müssen dringend Schritte gegangen werden, die den Beschäftigten die glaubhafte Perspektive auf Entlastung bieten. Der vorliegende Entwurf für eine Personalbemessung nach Kassenlage erfüllt diese Anforderung nicht. DIE LINKE fordert 

  • eine gesetzliche Personalbemessung, die mindestens 100 000 zusätzliche Pflegekräfte in den Krankenhäuser schafft.
  • Abschaffung des DRG-Systems zugunsten einer kostendeckenden Finanzierung. Die Entscheidungen über diagnostische, therapeutische und pflegerische Maßnahmen müssen frei sein von betriebswirtschaftlichem Kalkül. Die Kosten im Personalbereich müssen vollständig von den Krankenkassen getragen werden.
  • Gewinnverbot für Krankenhäuser. Eine bedarfsgerechte Kostendeckung für Krankenhäuser macht Profite unmöglich – Verluste werden dann am Ende des Jahres ebenso mit den Krankenkassen verrechnet wie Gewinne. Gewinne dürfen nicht in die Taschen von Eigentümer*innen und Aktionär*innen fließen.
  • Kurzfristig braucht es ein Ausschüttungsverbot von Gewinnen, die mit Krankenhäusern erzielt werden.
  • Die Betriebskosten der Krankenhäuser werden mit Versichertengeldern finanziert.
  • Krankenhaus- und Pflegekonzernen muss die Börsenzulassung entzogen werden.
  • Beteiligung des Bundes an der Investitionsfinanzierung der Länder. Trotz der Verpflichtung der Bundesländer zur Übernahme der Investitionskosten in Krankenhäusern sind in den vergangenen Jahrzehnten die Investitionen der Länder ständig zurückgegangen. Jährlich fehlen mit rund drei Mrd. Euro Investitionsmitteln sogar mehr als die derzeitigen Landesinvestitionen betragen, die seit vielen Jahren auf diesem niedrigen Niveau verharren. Dieser Stau kann mittelfristig nicht mehr allein von den Bundesländern behoben werden. Eine öffentlich organisierte und bedarfsgerecht finanzierte Krankenhausversorgung erfordert auch, die Länder in die Lage zu versetzen, eine flächendeckende Krankenhausinfrastruktur zu sichern.
    DIE LINKE fordert:
  • Krankenhäuser und Rehakliniken, die durch (Energie-)Preissteigerungen in Defizite kommen, müssen diese ausgleichen können. Der Ausgleich wird aus dem Gesundheitsfonds finanziert, maximal bis zur Höhe der Preissteigerungen und nur bis das Defizit ausgeglichen ist (Keine Finanzierung von Gewinnausschüttungen!). 
  • Die Krankenkassen müssen konsolidiert werden, indem Schritte auf eine solidarische Gesundheitsversicherung für alle / Bürgerversicherung gemacht werden. Statt in Zeiten von Inflation und Energiepreiskrise alle Menschen zusätzlich zu belasten, müssen das reichste Fünftel der Bevölkerung stärker belastet werden.

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