Offener Kampf der Meyer-Werft gegen die Vertretung der Arbeitnehmerinteressen

Uschi Stevens-Kimpel / Die Gewerkschaft und der Betriebsrat sind gewählte Arbeitnehmereinrichtungen, die sich für die Arbeitnehmerinteressen einsetzen.

Gegenwärtig scheint bei der Meyer-Werft sich die soziale Beziehung zwischen den Betriebseigners und ihrer Verwaltungsspitze auf der einen Seite und den Arbeitnehmervertretern auf der anderen Seite sich zu einem Kampf auszuformen, ein Klassenkampf der besonderen Art.

Einer der Streitpunkte ist die Verlagerung der Arbeitsleistung weg von der Stammbelegschaft zu Subunternehmen.

Meyer will die Stammbelegschaft um mehrere Hundert reduzieren, lässt aber gleichzeitig viele Arbeiten durch Arbeiter aus Subunternehmen ausführen.

Schon seit langem setzt die Meyer-Werft Fremdfirmen ein, die ihr Arbeiter zu Verfügung stellen, die an die Meyer-Werft keine Ansprüche auf Versicherungsleistungen stellen und weniger Rechte als Arbeitnehmer haben, die -wie es in der Spiegelreportage 2016 deutlich wurde -auch bereit sind, 15 Stunden täglich auch Samstag-Sonntag zu arbeiten. Diese Gruppe von „billigeren“ und manipulierbaren Arbeitern will Meyer behalten, sie sind profitabler für ihn. Wie wenig sozial er mit ihnen umgeht, ließ sich in der Pandemiekrise beobachten. 214 Coronafälle gab es unter den ausländischen Arbeitskräften.

uschi
Uschi Stevens-Kimpel

Um zu verhindern, dass Arbeitnehmer wegen dieser Gefahr in ihre Heimatländer zurückkehren, erklärte die Werft den ausländischen Dienstleistern „in einem Schreiben sinngemäß: Sollten Dienstleister ihre Mitarbeiter ..in ihre Heimatländer zurückbeordern, weise man vorsorglich darauf hin, dass dies nicht durch höhere Gewalt gedeckt sei und somit einen Vertragsbruch darstelle…Die Partner müssten folglich zur Erfüllung des Vertrags für Ersatz sorgen…“(aus dem Artikel ´´Profit ist wichtiger als Gesundheit am Arbeitsplatz-auch in Papenburg` von Jan Boerma)

Unsere Forderung müsste also sein, eine rechtliche Gleichstellung aller Arbeitnehmer einer Firma, sowie das Verbot von länger als drei Monate dauernden Zeitverträgen. Zeitverträge sollten nur Produktionsspitzen abfedern und deren Arbeitnehmer nicht wie es gegenwärtig scheint, als eine Art „industrielle Reservearmee“ dazu missbraucht werden, Rechte der Stammbelegschaft auf Arbeit, gute Arbeitsbedingungen und angemessene Entlohnung zu bedrohen oder zu reduzieren.

Meyer beabsichtigt eine Entlassungswelle, die unsere Region bedroht, die viele Familien trifft.

Obwohl Meyer jahrelang von der Infrastruktur der Region und den enormen finanziellen Zuwendungen des Staates profitiert hat, obwohl durch Emsvertiefung, Pandemieschäden etc.Meyer der Region auch Probleme aufgebürdet hat, obwohl er das politische Ansehen der Region geschädigt hat durch Verlagerung der Betriebsleitung nach Luxemburg, versucht er nun die Last von wirtschaftlichen Problemen der Firma allein der Stammbelegschaft aufzubürden.

Der aktuelle Kampf geht darum, dass die Firmenleitung die Stammbelegschaft drastisch reduzieren will, obwohl Arbeit vorhanden ist, wie sich auch dem vorausgehenden Text entnehmen lässt.

Diese Menschen werden dann in die Arbeitslosigkeit entlassen. Arbeitslosigkeit, gerade wenn man über Jahre in einem Betrieb gearbeitet hat, bedeutet neben dem finanziellen Verlust für den Arbeitnehmer und seine Familie, Verlust sozialer Kontakte, Verlust der sicheren Lebensperspektive, Verlust alltäglicher Routinen, Entwertung von Arbeitserfahrungen, soziale Unsicherheit.

Entlassung verdeutlicht dem Arbeitnehmer das betriebliche Gewaltverhältnis zwischen Kapital und Arbeit.

Die Meyerverwaltung schlägt zwei Modelle der Entlassung vor: Bei Modell A würden 1000 Menschen entlassen.Es gäbe einen Sozialplan mit einem gewissen Interessenausgleich. Die Kündigung würde nach einem vorgegebenen Punkteschema verlaufen. Die nicht-gekündigten Arbeitnehmer würden weiterhin Grundgehalt, Urlaub-und Weihnachtsgeld erhalten.Gleichzeitig will sie auch die Arbeitszeiten verlängern, das heisst Lohnkürzungen vornehmen.

Bei Modell B würden 660 Menschen auf die Straße gesetzt. Voraussetzung sei allerdings , dass die verbleibenden Arbeiter 200 Stunden Mehrarbeit leisten müssten, also ihr Anteil an der Fertigung deutlich erhöht würde. Meyer setzt damit die Arbeitnehmer unter extremen Druck, manche würden es als Erpressung bezeichnen, denn jeder Arbeitnehmer weiß, was Arbeitslosigkeit für ihn oder für seinen Kollegen bedeutet, insbesondere in unserer Region. Meyer lastet also die Bürde auf die Schultern der Arbeitnehmer, anstelle durch vorausschauende Planung mit rechtzeitiger Beendigung von Fremdarbeitsverträgen und Produktionsalternativen die Stammbelegschaft zu achten.

Die Gewerkschaft hat andere Vorstellungen und Forderung der Problemlösung vorgeschlagen:

  • Erhalt der Stammarbeits- und Ausbildungsplätze-
  • Verschiebung von Fremdfertigungsanteilen zugunsten der Stammbelegschaft
  • Regelung zur künftigen Fremd-und Eigenfertigung
  • keine Tarifflucht durch Outsourcing

Meyer brach jedoch die Verhandlungen mit dem Betriebsrat ab.

Meyer versucht die Arbeitnehmersolidarität zu stören

Seit zwei Tagen liegt ein neues Problem vor. Meyer forderte die Werftarbeitnehmer auf, sich zwischen seinen beiden Lösungsvorschlägen zu entscheiden. Als ob es keine weiteren Alternativen gebe. Entsprechend diesem Vorgehen könnten in Zukunft die Bundestagswahlen zwischen nur zwei Parteien angeboten werden, also: Wollen Sie CDU oder AFD???

Gleichzeitig muss Meyer genau gewusst haben, dass dieses Befragung undemokratisch ist: Ein Teil der Arbeitnehmer erkannte, dass die Beteiligung an dieser Form der Befragung gegen den Betriebsrat gerichtet war und dass sie in jedem Fall die Solidarität zwischen den Arbeitnehmern zerstört, denn

1. ein Teil der Angestellten weiß, dass er von der Entscheidung in keinem Fall betroffen sein wird,

  1. ein Teil der Arbeiter weiß, dass er im Fall der Kündigung der 1000, in jedem Fall aufgrund des Punkteschemas betroffen sein wird.
  2. Andere reagierten aufgrund von ihrer Einschätzung der zunehmenden Brutalisierung des Arbeitsmarktes
  3. oder aufgrund des von Meyer ausgeübten Druckes

Unsere Forderung an die Eigentümer und das Management der Meyerwerft ist, das Ergebnis dieser nicht-repräsentativen Befragung (nur ein Drittel der Befragten antwortete) unbeachtet zu lassen und erneute Gespräche mit dem Betriebsrat, den Gewerkschaften und der Politik aufzunehmen.

Es lassen sich bessere humanere Lösungsvorschläge erarbeiten.