WG: Ihr Schreiben an Herrn Bernard Meyer vom 17.06. 21

Sehr geehrte Frau Kimpel.

Herzlichen Dank für Ihr Schreiben vom 17.Juni d.J an Herrn Bernard Meyer.

Er bat mich schon in der letzten Woche Ihnen eine Antwort zu senden.

Für die Verzögerung bei der Antwort bitte ich um Nachsicht.

Ich möchte die Bemerkung vorausschicken, das sowohl das Unternehmen wie auch die Mitarbeiterschaft schuldlos in die größte und existenziellste Krise der letzten Jahrzehnte geraten ist.

Die Pandemie stellt uns alle vor völlig neue Herausforderungen.

In unserem Markt hinterlässt COVID 19 eine Schneise der Verwüstung.

Gerne würden wir Ihren Glauben und daraus folgenden Optimismus hinsichtlich einer schnellen Erholung des Marktes folgen.

Doch unsere Einschätzungen über die Tiefe wie auch Länge der Marktverwerfungen bestätigen sich immer mehr.

Unsere Kunden verlieren seit Frühjahr letzten Jahres Milliarden Umsätze.

Viele Schiffe werden aktuell endgültig aus dem Markt genommen.

Um die eventuell wenigen neuen Aufträge der nächsten Jahre werden alle Werften weltweit hart und unnachgiebig kämpfen.

Die Reedereien werden über angepasste Schiffspreise versuchen ihre astronomischen Verluste einigermaßen zu egalisieren.

Und vor allem werden wir werden hautnah erleben was es bedeutet das mit China eine völlig andere Dimension an strategischer Marktmacht „auf dem Spielfeld“ steht.

Um in dieser Situation keine Aufträge durch Stornierungen zu verlieren haben wir ein ehrgeiziges Streckungsprogramm mit unseren Kunden vereinbaren können.

Doch die Coronabedingten Verzüge bei den Ablieferungen, der durch die Streckung verringerte Umsatz, gravierenden Lieferkettenprobleme und die für dieses verringerte Arbeitsvolumen zu große Kapazität führen zu fortlaufenden Verlusten, die den Bestand des Unternehmens gefährden.

Um dieser aktuellen Entwicklung zu begegnen und uns gegenüber den zu erwartenden Auswirkungen zu wappnen müssen wir die Werft zwingend transformieren und gleichzeitig mehr als 1,2 Milliarden Euro einsparen.

Sollte uns dieser Spagat nicht gelingen könnten die von Ihnen beschriebenen Notlagen der Menschen und der Region durch einen eventuellen Verlust des Standortes um ein vielfaches größer werden.

Sie schlagen uns in Ihrem Brief Diversifizierungen, also temporär alternative Projekte vor.

Sehr geehrte Frau Kimpel.

An Alternativen arbeiten bei uns verschiedene Abteilungen mit Hochdruck.

Bei der Entwicklung ökologisch und ökonomisch zukunftsweisender Schiffsantriebe und ganzer Schiffskonzepte nehmen wir national aber auch in Europa eine Spitzenposition ein.

Die MEYER WERFT ist nicht nur durch die Größe sondern auch durch die Innovationsdynamik der, für die maritime Zukunft, bedeutsamste Schiffbaubetrieb in Deutschland geworden.

Wir stellen uns dieser Verantwortung und wissen was für z.T auch schwere Entscheidungen zu fällen sind.

Sie haben verschiedene einzelne Projekte aufgezählt die bei uns allesamt in Diskussion waren oder auch noch sind.

Doch bitte machen wir uns auch nichts vor.

Es gibt andere Werften in Deutschland die ebenfalls leiden, die wir nicht verlieren dürfen um den nationalen maritimen Sektor überlebensfähig zu halten.

Und diese Werften sind zum Teil bei solchen Projekten besser spezialisiert.

Und wir müssen natürlich auch feststellen wie schwer es uns fällt bei Alternativprojekten kostentechnisch mitzuhalten.

Ich weiß dass der folgende Satz ungern gehört wird.

Die Arbeitskosten eines Industriebetriebes sind für solche Einzelprojekte kaum mehr passend.

Auch daran gilt es ganz ohne Zweifel zu arbeiten.

Wir würden uns freuen wenn wir die rechnerisch notwendige Reduzierung der Kapazität durch intelligente Maßnahmen verringern könnten.

Entsprechende Vorschläge haben wir unterbreitet.

Dazu gehört aber auch die Bereitschaft aller Akteure die angesprochene Transformation und ein ehrgeiziges Sparpaket mitzutragen.

In der Standortsicherungsvereinbarung aus dem Jahr 2015 wurde von alle Seiten zugesichert die Standortnachteile der MEYER WERFT zu minimieren.

Wenn Sie uns bei diesen verschiedenen Baustellen helfen könnten würde dies den Menschen der Region tatsächlich nachhaltig helfen.

Mit freundlichen Grüßen

Paul Bloem

Mitglied der Geschäftsleitung

MEYER NEPTUN GmbH